Im spanischen Rechts- und Verwaltungsrahmen stellt das Vorhandensein von Bauten, die ohne die entsprechende kommunale Baugenehmigung (licencia de obras) errichtet wurden, seit langem eine komplexe Herausforderung für Grundstückseigentümer, Juristen, Notare, Registerführer und Behörden gleichermaßen dar. Ob aufgrund von Versehen, Unkenntnis der gesetzlichen Anforderungen oder dem Wunsch, behördliche Kontrollen zu umgehen – viele Bauten wurden ohne Einhaltung der offiziellen Vorschriften errichtet.
1. Rechtlicher Rahmen und das Prinzip der öffentlichen Ordnung
Gemäß dem Königlichen Gesetzesdekret 7/2015 vom 30. Oktober, mit dem der konsolidierte Text des Gesetzes über Boden und Stadtsanierung (Texto Refundido de la Ley de Suelo y Rehabilitación Urbana) verabschiedet wurde, müssen alle Bauten, die in das Grundbuch aufgenommen werden sollen, einen Nachweis ihrer städtebaulichen Rechtmäßigkeit erbringen. Dazu gehören die Vorlage der ursprünglichen Baugenehmigung, der von einem Architekten ausgestellte Bauabnahmebescheinigung und weitere technische Unterlagen.
Artikel 28.4 derselben Verordnung sieht jedoch eine wichtige Ausnahme vor: Nach Ablauf der Verjährungsfristen für Verwaltungsstrafen oder Abrissverfügungen können solche Bauten – obwohl ursprünglich illegal – in das Grundbuch eingetragen werden. Dies wird in der Praxis als „Legalisierung durch Verjährung” bezeichnet.
2. Warum ist die Eintragung in das Grundbuch wichtig?
In Spanien gilt ein Bauwerk, das nicht im Grundbuch (Registro de la Propiedad) eingetragen ist, nicht als Teil des rechtlichen Vermögens seines Eigentümers. Infolgedessen kann es nicht legal verkauft, vererbt, beliehen, besteuert oder übertragen werden.
Der Zugang zum Grundbuch verleiht dem Bauwerk rechtliche Sichtbarkeit, sodass es Gegenstand von Immobilientransaktionen werden kann und die dinglichen Rechte des Eigentümers an dem Vermögenswert festgestellt werden können. Noch wichtiger ist, dass die Eintragung künftige Abrissverfügungen oder andere Verwaltungsmaßnahmen, die andernfalls gegen das Gebäude ergriffen werden könnten, wirksam verhindert.
3. Bedeutet die Eintragung eine vollständige Legalisierung?
Nicht ganz. Es ist zu unterscheiden zwischen (1) Bauten, die vollständig legal sind und in Übereinstimmung mit den Planungs- und Bauvorschriften errichtet wurden, und (2) Bauten, die „durch Verjährung legalisiert“ sind (d. h. weil die Verwaltung keine Maßnahmen mehr gegen sie ergreifen kann).
Ein Bauwerk ohne Genehmigung, das schließlich im Grundbuch eingetragen wird, gilt städtebaulich nicht unbedingt als zu 100 % legal. Durch die Eintragung wird das Gebäude lediglich als rechtmäßiger Teil des Vermögens anerkannt, was jedoch nicht mit einer vollständigen Übereinstimmung mit den Bauvorschriften gleichzusetzen ist. Aus diesem Grund fallen solche Bauwerke unter eine besondere Rechtskategorie: Sie gelten als „fuera de ordenación”.
4. Was bedeutet „Fuera de Ordenación” (außerhalb der Planung)?
Der Begriff „fuera de ordenación” bezieht sich auf Gebäude, die von der Verwaltung toleriert werden, weil sie nicht mehr sanktioniert oder abgerissen werden können, aber nicht den aktuellen städtebaulichen Vorschriften entsprechen und nicht vollständig regularisiert sind. Dies ist eine häufige Kategorie für Bauten, die ohne Genehmigung errichtet wurden, für die die Verjährungsfrist abgelaufen ist und die daher nicht mehr abgerissen werden können – aber dennoch planungsrechtlich nicht „genehmigt” sind.
Die wichtigsten Auswirkungen dieser Einstufung sind:
- Der Eigentümer darf keine größeren Renovierungen oder Verbesserungen vornehmen, sondern nur grundlegende Erhaltungsarbeiten, die der Sicherheit, Hygiene oder Barrierefreiheit dienen.
- Bauliche Veränderungen, Erweiterungen oder Nutzungsänderungen sind nicht zulässig.
- Wenn das Gebäude durch natürliche Ursachen (Feuer, Überschwemmung, Verfall) beschädigt oder zerstört wird, darf es nicht wieder aufgebaut werden.
- Die lokale Verwaltung kann die Erteilung von Bescheinigungen wie der Bewohnbarkeitsbescheinigung (cédula de habitabilidad) oder des Energieausweises verweigern.
- Das Gebäude kann nicht von städtebaulichen Maßnahmen wie öffentlichen Investitionen in die Modernisierung der Infrastruktur profitieren.
Kurz gesagt, die Immobilie wird rechtlich „sichtbar” und kann für Eigentums- und Finanztransaktionen genutzt werden, ist jedoch in Bezug auf zukünftige Entwicklungen oder Anpassungen eingeschränkt.
5. Fristen für die Legalisierung durch Verjährung: Je nach Region unterschiedlich
Jede autonome Gemeinschaft in Spanien hat ihre eigenen Stadtplanungsgesetze, die den Zeitraum festlegen, innerhalb dessen die Verwaltung Sanktionen oder Abrissmaßnahmen für illegale Bauarbeiten einleiten kann. Nach Ablauf dieser Frist ist eine Legalisierung möglich.
Autonome Gemeinschaft Valencia
Das Gesetz 5/2014 über Raumordnung, Städtebau und Landschaft (LOTUP), geändert im Jahr 2019, legt Folgendes fest:
- Bebaubares und bebaubares Land: Abrissmaßnahmen verjähren nach 15 Jahren.
- Nicht bebaubares Land (ländlich oder geschützt): Maßnahmen zur Wiederherstellung der Rechtmäßigkeit verjähren nicht – illegale Gebäude können jederzeit abgerissen werden.
In der Praxis
- Bauwerke, die vor dem 20. August 2010 errichtet wurden, können registriert werden.
- Bauwerke auf geschütztem Land müssen vor dem 1. Februar 2002 fertiggestellt worden sein, um registriert werden zu können.
Andalusien
Gemäß dem Gesetz 7/2022 über die Stadtplanung in Andalusien (LOUA)
- Die Verjährungsfrist für den Abriss illegaler Bauten beträgt 6 Jahre und wurde 2012 von 4 Jahren verlängert.
- Vor dem 8. Februar 2008 errichtete Bauten können legalisiert werden.
Katalonien
Das Stadtplanungsgesetz von Katalonien (Gesetzesdekret 1/2010) hat die Frist ebenfalls auf 6 Jahre verlängert:
- Vor dem 3. August 2010 errichtete Bauten unterliegen der bisherigen 4-Jahres-Frist.
- Später errichtete Bauten unterliegen der 6-Jahres-Regelung.
6. Rechtliche und praktische Konsequenzen
Ein als „fuera de ordenación” (nicht ordnungsgemäß) deklariertes Gebäude kann weiterhin erheblichen Einschränkungen unterliegen. Eigentümer können die Immobilie zwar verkaufen, verschenken oder belasten, müssen jedoch bei der Planung von Verbesserungen oder Renovierungen vorsichtig sein und vor Beginn der Arbeiten städtebaulichen Rat einholen.
Beim Erwerb einer Immobilie, die vor mehr als 4, 6 oder 15 Jahren (je nach Region) erbaut wurde, müssen Käufer:
- Überprüfen, ob eine Genehmigung vorliegt.
- Überprüfen, ob die Immobilie registriert ist.
- Überprüfen, ob die Immobilie als „fuera de ordenación” eingestuft ist.
- Mögliche Einschränkungen hinsichtlich der zukünftigen Nutzung, Sanierung oder des Verkaufs prüfen.
- Eine Bescheinigung über die städtebauliche Vereinbarkeit (certificado de compatibilidad urbanística) beim Rathaus beantragen.
7. Zusammenfassung und Empfehlungen
Die Legalisierung von Bauten ohne Genehmigung ist in Spanien möglich, unterliegt jedoch strengen Auflagen und regionalen Besonderheiten. Eigentümer und Käufer müssen sich darüber im Klaren sein, dass:
- Die Registrierung bedeutet nicht die vollständige Legalität, sondern lediglich die Immunität gegenüber Sanktionen.
- „Fuera de ordenación”-Gebäude unterliegen weiterhin Nutzungs- und Bebauungsbeschränkungen.
- Rechtsberatung und städtebauliche Beratung sind unerlässlich, bevor solche Immobilien gekauft oder legalisiert werden.
Die Nichtdurchführung einer ordnungsgemäßen Due Diligence kann dazu führen, dass Sie eine Immobilie erwerben, die nicht wiederaufbaubar, nicht erweiterbar oder sogar langfristig unbrauchbar ist.