Rechtliche Anerkennung, touristische Möglichkeiten und städtebauliche Vorschriften nach dem neuen Planungsgesetz
Einleitung: Eine historische Lebensweise trifft auf modernen Rechtsschutz
Andalusien mit seinen vielfältigen Landschaften und seinem jahrhundertealten Erbe beherbergt eine der einzigartigsten Wohnformen Europas: Höhlenwohnungen, auch „casas cueva” genannt. Diese seit der Zeit der Mauren traditionell zu Wohnzwecken genutzten, in Hanglagen gehauenen Häuser bieten natürliche Isolierung, Nachhaltigkeit und eine starke Verbindung zur ländlichen Kultur Andalusiens. Bis vor kurzem war ihr rechtlicher Status jedoch unklar, was ihre Nutzung, Entwicklung und den Zugang zu offiziellen Versorgungsleistungen und Tourismuslizenzen einschränkte.
Dies änderte sich mit der Verabschiedung des Gesetzes 7/2021 vom 1. Dezember, auch bekannt als LISTA (Ley para el Impulso de la Sostenibilidad del Territorio de Andalucía), und seiner Durchführungsverordnung 550/2022. Diese Vorschriften erkennen Höhlenhäuser nun als legitime Wohnhäuser an und ermöglichen es den Eigentümern, sie zu formalisieren und sowohl als Hauptwohnsitz als auch als Touristenunterkünfte zu nutzen.
Was ist eine „Casa Cueva”? Definition und Ursprünge
Eine Höhlenwohnung ist ein künstlicher Aushub im Untergrund, der typischerweise in einen Hang oder Berg eingebettet ist und als Wohnraum dient. Diese Häuser stehen oft in Gruppen zusammen und bilden so eine sogenannte „troglodytische Siedlung” mit Innenhöfen, Plätzen und engen Gassen.
Viele der Höhlen in Andalusien stammen aus dem 15. und 16. Jahrhundert und sind aus ehemaligen maurischen Siedlungen entstanden. Häufige Standorte sind:
- Granada und Guadix
- Benalúa, Baza und Cuevas del Campo
- Cuevas de Almanzora (Almería)
- Sierra de Cádiz
- Casabermeja und Antequera (Málaga)
Ein nachhaltiges und ökologisches Wohnmodell
Höhlenwohnungen sind von Natur aus energieeffizient. Ihre thermische Masse hält die Innentemperaturen das ganze Jahr über zwischen 17 °C und 23 °C, wodurch der Bedarf an künstlicher Heizung oder Kühlung reduziert wird. Außerdem bieten sie eine hervorragende Schallisolierung, sind gut in die Umgebung integriert und haben einen minimalen ökologischen Fußabdruck – was sie zu einem perfekten Modell für bioklimatische und nachhaltige Architektur macht.
Angesichts steigender Energiekosten und der Sorge um den Klimawandel stellen die andalusischen Höhlenwohnungen eine Lösung für das 21. Jahrhundert dar, die auf einer jahrhundertealten Tradition basiert.
Rechtliche Anerkennung und Regulierung gemäß LISTA und Dekret 550/2022
1. Rechtliche Anerkennung als Wohngebäude
Einer der revolutionärsten Aspekte des LISTA-Gesetzes ist die Anerkennung von Höhlenwohnungen als legitime Wohngebäude – mit denselben Rechten und Pflichten wie herkömmliche Häuser. Das bedeutet, dass sie
- als Dauerwohnsitz genutzt
- als touristische Unterkünfte vermietet
- im Grundbuch (Registro de la Propiedad) eingetragen
- eine Grundsteueridentifikationsnummer (IBI) erhalten
Diese Anerkennung ebnet den Weg für Hausbesitzer, den Status ihrer Immobilien rechtlich zu festigen, was die Marktfähigkeit, den Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen und die Einhaltung der Steuervorschriften verbessert.
2. Definitionen aus der Verordnung
Wichtige rechtliche Definitionen aus der Verordnung sind:
- Troglodytische Siedlung: Eine traditionelle Siedlungsform, die auf unterirdischen Höhlenwohnungen und den dazugehörigen Freiflächen (Straßen, Innenhöfe usw.) basiert.
- Höhle: Ein künstlicher oder angepasster natürlicher unterirdischer Raum, der zu Wohnzwecken genutzt wird
- Höhlenviertel („Barrios de Cuevas”): Stadtgebiete, die überwiegend aus Höhlenwohnungen bestehen
- Troglodytische Gemeinde: Gemeinden, in denen
- über 15 % der Wohnungen Höhlen sind
- über 50 % der städtischen Fläche aus Höhlen besteht
- Höhlenwohnungen einen anerkannten kulturellen oder touristischen Wert haben
Planungsrechte und -pflichten
Die neue Verordnung legt vier grundlegende Rechte in Bezug auf Höhlenwohnungen fest:
- Bau neuer Höhlen: Erlaubt in ausgewiesenen Höhlengebieten gemäß städtebaulichen Vorschriften und unter Einhaltung der Sicherheits- und Bewohnbarkeitskriterien.
- Erweiterung bestehender Höhlen: Erlaubt unter den in den örtlichen Verordnungen festgelegten Bedingungen. In Ermangelung solcher Verordnungen sind Erweiterungen bis zu 50 % der bestehenden Fläche zulässig, sofern die Bauvorschriften eingehalten werden.
- Sanierung und Umbau: werden gefördert, um die Bewohnbarkeit, Sicherheit und ökologische Integration zu verbessern.
- Katastereintragung und städtische Integration: Höhlen können nun in das Grundbuch und den Kataster eingetragen werden, was eine formelle Eigentumsübertragung, Steuerveranlagung und rechtliche Konsolidierung ermöglicht.
Auf welcher Art von Grundstücken können Höhlen bebaut werden?
Höhlenwohnungen können sich entweder befinden auf:
- Städtisches Land: Wenn sie Teil eines strukturierten Stadtviertels mit öffentlichem Zugang, Wasser-, Strom- und Regenwasserkanalisation sind.
- Ländliches Land: Wenn die Höhle Teil einer traditionellen ländlichen Siedlung ist, die durch Planungsinstrumente abgegrenzt ist und Zugang zu grundlegenden Versorgungsleistungen hat.
In beiden Fällen muss das Land durch städtebauliche Instrumente klassifiziert sein, die die Entwicklung von Höhlen ermöglichen.
Irreguläre oder „nicht planmäßige” Höhlen: Können sie legalisiert werden?
Viele Höhlenwohnungen wurden vor Jahrzehnten oder Jahrhunderten ohne formelle Genehmigung gebaut und waren bisher rechtlich nicht abgesichert. Sie fallen nun unter die Regelung für „Gebäude in einer Situation, die einer Nichtplanung gleichgestellt ist” (Asimilado a Fuera de Ordenación – AFO/DAFO).
Die Legalisierung umfasst:
- Einreichung eines technischen Berichts (DAFO)
- Erstellung von Bauplänen und Abgrenzungen
- Eintragung der Immobilie im Grundbuch und Kataster
- Entrichtung der anfallenden Steuern (IBI)
Eine legalisierte Höhle muss mindestens Folgendes umfassen:
- Einen Raum zum Wohnen/Schlafen
- Eine Küche und ein Badezimmer
- Natürliche oder mechanische Belüftung
- Öffnungen (Fenster oder Lüftungsöffnungen) in Höhe von 5 % der Gesamtfläche
Erhaltungspflichten und öffentlich-private Zusammenarbeit
Höhlenbesitzer sind gesetzlich verpflichtet:
- Die äußere Bodenschicht und Struktur zu erhalten
- Schutz geologischer und landschaftlicher Besonderheiten
- Erhaltung von Regenwasserkanälen
- Vermeidung von Veränderungen der Topografie oder des natürlichen Lebensraums
- Durchführung von Sanierungsarbeiten, wenn dies aus Sicherheits- oder Umweltgründen erforderlich ist
Die Gemeinden können eingreifen, um Hänge und gemeinschaftliche Zugangsbereiche zu sichern, wenn dies aus Sicherheitsgründen oder für die öffentliche Nutzung als notwendig erachtet wird.
Nutzung für Tourismus und wirtschaftliche Entwicklung
Durch die legale Nutzung von Höhlenwohnungen als Ferienunterkünfte fördert die neue Gesetzgebung eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung in ländlichen und unterbevölkerten Gebieten.
Touristische Vermietungen können folgende Klassifizierungen umfassen:
- Viviendas con Fines Turísticos (VFT)
- Viviendas Rurales (VTAR)
- Casa Rural, sofern die Anforderungen an Sicherheit, Zugang und Dienstleistungen erfüllt sind.
Die Eigentümer müssen folgende Auflagen erfüllen:
- Andalusisches Tourismusregister (RTA)
- Gesundheits- und Sicherheitsinspektionen
- Tätigkeitserklärungen (insbesondere bei Angebot von Dienstleistungen wie Verpflegung oder Reinigung)
Abschließende Überlegungen: Eine einzigartige Gelegenheit für Investitionen und den Erhalt der Kultur
Die Anerkennung von Höhlenwohnungen in Andalusien ist mehr als nur eine Gesetzesänderung – sie markiert einen kulturellen und wirtschaftlichen Wandel, der Tradition mit modernen Zielen in Bezug auf Nachhaltigkeit und Tourismus verbindet.
Durch die Legalisierung dieser Häuser und die Genehmigung ihrer Nutzung als Wohnraum oder Ferienunterkünfte öffnet Andalusien die Tür für neue Modelle des ländlichen Unternehmertums und des Denkmalschutzes.
Ob Sie nun potenzieller Käufer, aktueller Eigentümer oder Investor im ländlichen Tourismus sind, eine rechtliche Beratung ist unerlässlich, um die Einhaltung der Planungs-, Steuer- und Tourismusvorschriften zu gewährleisten.